Interesse an Blockchain Technologie ist weiter gering: Kann das für Deutschland gefährlich werden?
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – BMWK – hat das Hanseatic Blockchain Institute beauftragt, eine Studie zu erstellen, um in Erfahrung zu bringen, wie sich deutsche Unternehmen mit der Blockchain Technologie befassen. Das Ergebnis ernüchternd: Das Desinteresse der deutschen Unternehmer könnte sogar dazu führen, dass Deutschland den Anschluss an die Spitze verliert. Die Zurückhaltung und auch die kritische Betrachtung der neuartigen Technologie ist tatsächlich eine schlechte Kombination – die Politik muss reagieren, damit am Ende womöglich doch noch eine Trendumkehr folgt. Oder ist es dafür schon zu spät?
Warum ist das Interesse so gering, obwohl das Potential derart groß ist?
In den letzten Jahren ist die Blockchain Technologie durchgestartet: Zahlreiche Branchen wurden im Sturm erobert – so etwa die Finanzbranche, aber auch der Versicherungsbereich wurde nachhaltig verändert. Auch im Glücksspielbereich hat sich viel getan. Immer mehr Online Casinos akzeptieren auch Kryptowährungen. Das heißt, man kann mit einer Kryptowährung das Glücksspielkonto kapitalisieren und dann Online Poker mit Echtgeld spielen. Fast jedes der neuen Online Casinos arbeitet mit der Blockchain Technologie und akzeptiert Kryptowährungen, auch die großen Namen der Branche haben sich bereits dafür entschieden, Bitcoin und Co. als Zahlungsmethoden anzubieten.
Die Vorteile der Blockchain? Sie ist fälschungssicher, dezentral und die Struktur ist transparent. Dadurch war es der neuartigen Technologie auch möglich, einige Wirtschaftsbereiche zu verändern. Die neueste Studie, die vom BMWK in Auftrag und vom Hanseatic Blockchain Institute durchgeführt und ausgewertet wurde, mag durchaus besorgniserregend sein: Es sieht so aus, als würde der deutsche Unternehmer nicht am transformativen Potenzial der Blockchain Technologie interessiert sein. Doch warum sind die deutschen Unternehmer so ablehnend gegenüber der neuartigen Technologie eingestellt? „Die Blockchain macht digitale Daten verlässlich. Es wäre schade, wenn Deutschland die Chance verpassen würde, bei der nächsten digitalen Revolution ganz vorne mitzuspielen“, so Moritz Schildt, der Vorstand des Hanseatic Blockchain Institute.
Desinteresse ist besonders hoch: Über 70 Prozent planen Zukunft ohne Blockchain
Von 9.000 deutschen Unternehmen haben 72 Prozent angegeben, nicht an der Blockchain interessiert zu sein. Ein Jahr zuvor: 74 Prozent. Aber nicht alle neuartigen Technologien werden von den deutschen Unternehmern gemieden: Geht es hingegen um die Künstliche Intelligenz, dann ist das Interesse weitaus größer – haben im Jahr 2023 rund 13 Prozent angegeben, sie würden mit der KI arbeiten, so waren es 2024 schon 27 Prozent der deutschen Unternehmer.
Auch bei den Branchen gibt es Unterschiede: So haben 54 Prozent im Finanzdienstleistungssektor angegeben, sie würden schon mit der Blockchain Technologie arbeiten. 31 Prozent im Bereich der digitalen Identität haben ebenfalls schon mit der Blockchain zu tun. 23 Prozent haben angegeben, sich in der Planungsphase zu befinden, also demnächst mit der Blockchain arbeiten zu wollen. Im Bereich des Marketings waren es laut der Umfrage 28 Prozent, die mit der Blockchain zu tun haben. 10 Prozent würden sogar die Blockchain Technologie für die eigene Marketingstrategie verwenden.
Aber warum sind die Unternehmen ablehnend gegenüber der Blockchain Technologie eingestellt? Einerseits gibt es noch immer wenige benutzerfreundliche Anwendungen und einen Fachkräftemangel, andererseits tragen auch die negativen Berichterstattungen in den Medien dazu bei, dass Unternehmen kritisch sind.
Das liegt auch daran, weil viele Unternehmer die Blockchain Technologie automatisch mit dem Bitcoin in Verbindung bringen. Auch wenn der Bitcoin in den letzten Monaten einen Höhenflug erlebt hat und endlich die 100.000 US Dollar-Hürde übersprungen konnte, so weiß man, dass es immer wieder zu starken Korrekturen kommen kann. Der Kryptomarkt ist extrem volatil – 11 Prozent der Befragten haben auch angegeben, man sei unsicher, ob der Bitcoin überhaupt die ökologischen, sozialen sowie Governance-Kriterien erfüllen könne.
Gelingt noch die Trendwende?
Die Autoren der Studie sind sich einig: „Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass viele Blockchain-Anwendungen mit potenziell hoher wirtschaftlicher Relevanz nicht in direktem Kontakt mit den Endnutzern stehen. Stattdessen wird die Blockchain-Technologie oft im Hintergrund und ohne Medienpräsenz eingesetzt, was die Bedeutung des öffentlichen Bewusstseins für eine breitere Akzeptanz der Blockchain etwas verringert“. Mit dem Abschluss der Studie wurde auch ein Film präsentiert: „Kann Deutschland Blockchain?“ Darin stellen Unternehmen Projekte vor, die in Verbindung mit der Blockchain stehen. So geht es darum, Produktpässe für Sammlerstücke auf der Blockchain zu speichern oder auch Wahlen mit Hilfe der Technologie durchzuführen. Auch Unternehmen wie SAP und BASF präsentieren, wie ihre neuen Projekte aussehen und wie die Blockchain Technologie zum Einsatz kommt.
Natürlich ist es unbestritten, dass die Blockchain ein enormes Potenzial hat. Der Einfluss auf die deutsche Wirtschaft könnte enorm sein. Aber dafür müsste man offen gegenüber der neuartigen Technologie sein – und das sind die deutschen Unternehmer mehrheitlich nicht.
Wie man hier eine Trendumkehr schaffen könnte? Die Politik müsste hier entsprechend agieren. Einerseits geht es darum, einen belastbaren regulatorischen Rahmen zu schaffen, andererseits müssten bestimmte Projekte, die mit der Blockchain Technologie in Verbindung stehen, gefördert werden. Und es geht darum, aufzuklären. Denn die Blockchain Technologie mag das Gerüst des Bitcoin sein – ist aber keinesfalls riskant.
Deutschland riskiert einen Wettbewerbsnachteil
Bleibt der deutsche Unternehmer weiterhin kritisch und wehrt sich gegen die Blockchain Technologie bzw. befasst sich nicht damit, könnte das durchaus problematisch werden. Nicht nur für die Unternehmen, sondern für die gesamte deutsche Wirtschaft. Denn dadurch würden mit den Jahren extreme Wettbewerbsnachteile entstehen. Vor allem, wenn sich andere Länder immer mehr mit dem Thema befassen und auch darauf einlassen.